Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Beratung, Betreuung und Begleitung von Langzeitleistungsbeziehenden im SGB II
In dem Forschungsprojekt wurde der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie sowohl auf den Personenkreis der Langzeitleistungsbeziehenden im SGB II, als auch auf die Bemühungen zur Heranführung an und Integration in den Arbeitsmarkt und zur Förderung sozialer Teilhabe und Beschäftigungsfähigkeit gehabt hat.
Dem Forschungsprojekt liegt ein qualitatives Untersuchungsdesign zugrunde. Im Rahmen von acht regionalen Fallstudien wurden leitfadengestützte Expertengespräche mit Vertreter*innen aus Jobcentern, kommunaler Stellen und Trägern geführt; zudem fanden problemzentrierte Interviews mit Langzeitleistungsbeziehenden statt. Des Weiteren wurden in zwei virtuellen Workshops die Forschungsergebnisse reflektiert und diskutiert, um Verbesserungsbedarfe zu identifizieren und Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Mit dem Forschungsprojekt konnten relevante Erkenntnisse über die Auswirkungen der Pandemie auf den Personenkreis der Langzeitleistungsbeziehenden erzielt werden. Hierbei wurden nicht nur die unmittelbaren und persönlichen Auswirkungen aufgrund von Kontaktbeschränkungen deutlich, sondern auch die teilweise schlechten Bedingungen für die Inanspruchnahme von Beratungs- und Unterstützungsangebote offenkundig. Mit Blick auf das Hilfe- und Unterstützungssystem vor Ort zeigte sich, dass sich die Institutionen während der Pandemie zunehmend auf sich konzentriert haben was zur Folge hatte, dass Unterstützungsangebote für benachteiligte Personengruppen wie die Langzeitleistungsbeziehende nicht mehr Hand in Hand durchgeführt wurden. Als ein zentrales Problem stellte sich nicht nur die fehlende Erreichbarkeit kommunaler Angebote heraus, sondern auch der fehlende Konsens über die Zuständigkeit und Verantwortung in der Begleitung von Langzeitleistungsbeziehenden. Trotz des Engagements gemeinnütziger Träger, den Kontakt zu den Langzeitleistungsbeziehenden aufrechtzuerhalten und als Anlaufstelle verfügbar zu sein, konnte die Begleitung nicht mehr umfassend und passgenau durchgeführt werden und kann daher als lückenhaft bewertet werden. Bei den individuellen Auswirkungen der Pandemie auf den Personenkreis der Langzeitleistungsbeziehenden konnte ein breites Spektrum an Verhaltensreaktionen beobachtet werden, welches von einer hohen Resilienz bis hin zu Überforderung und gänzlicher Isolation reichte. Eine unmittelbare negative Auswirkung auf die persönliche Situation ergab sich aus einer fehlenden Tagesstruktur, die mit der Aussetzung aktivierender Maßnahmen nicht mehr gegeben war. Ein stark reduziertes Angebot an Praktikumsplätzen als Bestandteil der Integrationsarbeit erschwerte das Sammeln praktischer Erfahrungen, wodurch sich die Chancen auf eine Arbeitsmarktintegration verringerten. Mit Blick auf die Beratung in den Jobcentern zeigen die Forschungsergebnisse eindrücklich, dass die Pandemie zu einer Vielzahl von Reflexionsprozessen geführt hat – hinsichtlich der Arbeitsorganisation, aber auch hinsichtlich der Beratungsprozesse. Deutlich wurde, dass Beratungs- und Integrationsprozesse – ausgelöst durch die Pandemie und den damit einhergehenden anhaltenden Kontaktbeschränkungen – umgestaltet und teilweise auf neue Grundlagen gestellt werden mussten. Die telefonische Beratung entwickelte sich zu einem neuen Schwerpunkt im Kontakt zu den Kund*innen. Trotz des erkannten Mehrwerts einer telefonischen Beratung zeigte sich aber, dass dieses Beratungsformat die persönliche Beratung nicht ersetzen, sondern nur ergänzen kann.
Auftraggeber:
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des Fördernetzwerks Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (FIS)
Projektteam:
- Andrea Kirchmann (Projektleitung)
- Christin Schafstädt (stv. Projektleitung)
- Anastasia Maier
Ansprechpartner:
Andrea Kirchmann ( 07071 9896 33 // E-Mail )
Status:
2020 - 2022