Mögliche Auswirkungen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) auf Entwicklungs- und Schwellenländer

Seit Juli 2013 verhandelt die EU-Kommission auf Grundlage eines Mandats der Mitgliedstaaten mit den USA eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Dabei wird eine breite Palette von Themen verhandelt, die bürokratische Regeln der Zollabwicklung, Marktzugang im Bereich von Dienstleistungen, öffentliche Beschaffung, regulatorische Konvergenz, oder Investitionsschutz umfassen. Es ist davon auszugehen, dass die Effekte einer TTIP für Drittstaaten erheblich sein dürften. Für TTIP kommen unterschiedliche quantitative Studien allerdings zu unterschiedlichen Ergebnissen was die Drittstaatwirkung angeht.

Eine wesentliche Aufgabe dieser Studie ist es, einen Beitrag für ein besseres Verständnis dafür zu leisten, was für eine entwicklungsfreundliche Ausgestaltung der TTIP notwendig ist. Dieser Fokus fehlt häufig in den existierenden Veröffentlichungen und in der öffentlichen Debatte. Ein zweites Ziel der Studie ist es, mit Hilfe von Interviews mit Expertinnen und Experten sowie Stakeholders abzuklären, welche unter den im ersten Schritt identifizierten Themen für eine entwicklungsfreundliche Ausgestaltung des TTIP besonders wichtig sind, welche dort fehlen, und wie man die praktische Umsetzung einer entwicklungsfreundlichen Agenda angehen kann.

Ergebnisse

TTIP wird, aufgrund der schieren Größe der transatlantischen Volkswirtschaft, Auswirkungen auf Entwicklungs- und Schwellenländer haben. Einerseits sollten höhere Einkommen in der EU und den USA die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen der Drittstaaten steigern, was letzteren zugutekommt. Anderseits ist damit zu rechnen, dass das Abkommen Handelsströme der TTIP-Partner von den Drittstaaten weglenkt, was ihnen schadet. Per saldo wird es unter den Entwicklungsländern Gewinner, aber auch Verlierer geben. Für beide Gruppen sind die Effekte allerdings klein. Und es existieren zahlreiche Stellschrauben, um die Gruppe der Gewinner möglichst groß werden zu lassen.

Mikroökonomische Analysen berichten von geringen negativen Realeinkommenseffekten für 42% bis 80% der Drittländer. Wenn durch TTIP auch die Handelskosten der Drittstaaten sinken („Spillover-Effekte“), dann geht der Anteil der Regionen mit negativen Effekten von 80% auf 40% bzw. der Anteil der Länder mit negativen Effekten von 42% auf 3% zurück. Die Wohlfahrtsverluste machen kumulativ über zehn bis zwölf Jahre stets weniger als 1% der Pro-Kopf-Einkommen aus. Vor dem Hintergrund jährlicher Trendwachstumsraten von 3 bis 4% erscheinen diese Effekte gering. Tendenziell positiv betroffen sind Exporteure von Rohstoffen oder Länder, die in die Wertschöpfungsketten der EU oder der US-Industrie eingebunden sind. Tendenziell negativ betroffen sind beispielsweise Exporteure von Bekleidung, Schuhen oder Zitrusfrüchten.

Makroökonomische Arbeiten, die nicht berücksichtigen, dass viele Entwicklungsländer unterschiedliche Güter exportieren als die TTIP-Länder, kommen kumulativ über zehn bis zwölf Jahre auf größere Verluste von bis zu 2% für manche Regionen. Wenn Spillover-Effekte vorliegen, verringern sich die Verluste in allen Modellen drastisch.

Damit TTIP für möglichst viele Entwicklungsländer zu einem Erfolg wird, sollte das Abkommen (1) auf komplexe Ursprungsregeln so weit wie möglich verzichten, (2) die gegenseitige Anerkennung von transatlantischen Standards möglichst weitgehend auf Drittstaaten ausdehnen, (3) den Entwicklungsländern Informationsrechte über die Arbeit der geplanten Regulierungsräte einräumen, (4) die Umleitung protektionistischer Maßnahmen auf „TTIP-Outsider“ verhindern, und (5) eine glaubwürdige Perspektive für die zukünftige Teilnahme von Dritt- und Entwicklungsländern entwickeln.

Damit TTIP einen Beitrag zur Entwicklung einer fairen Welthandelsordnung leistet, muss die langfristige EU-Außenhandelsstrategie darauf ausgerichtet sein (1) die Zölle und Handelsbarrieren für besonders relevante Exportgüter (z.B. Textilien, Schuhe, Baumwolle, Tabak) weiter abzusenken, (2) die Entwicklungsländer bei der Bildung eigener regionaler Freihandelsabkommen politisch und technisch zu unterstützen, (3) die bestehenden Handelsabkommen zwischen der EU und diversen Entwicklungsländern auszubauen, (4) die Einbindung der Entwicklungsländer in die globalen Wertschöpfungsketten mit geeigneten entwicklungspolitischen Instrumenten zu fördern und (5) die Rolle der WTO als effektiver Anwalt kleiner und armer Staaten zu stärken.

Studie

ifo (Gabriel Felbermayr, Rahel Aichele, Erdal Yalcin) / IAW (Günther Klee, Wilhelm Kohler), 2015:

Mögliche Auswirkungen der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) auf Entwicklungs- und Schwellenländer

Kooperationspartner:

ifo Institut – Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. (Projektleiter: Prof. Gabriel Felbermayr)

Auftraggeber:

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

Projektteam:

Ansprechpartner:
Prof. em. Dr. Wilhelm Kohler ( 07071 9896 0 // E-Mail )

Status:

2014 - 2015