Auswirkungen von Tarifverträgen und Entgeltöffnungsklauseln auf die Lohnflexibilität und die betriebliche Entwicklung

Obwohl die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland vielfach damit begründet wird, dass das wesentlich von kollektiver Lohnfestsetzung geprägte Entgeltsystem keine hinreichende Flexibilität zulässt, ist die Nutzung bestehender Flexibilisierungspotenziale als auch deren Wirkungen bisher nur vereinzelt Gegenstand empirischer Forschung. Das Projekt verfolgt daher das Ziel, die Möglichkeiten und die tatsächliche Inanspruchnahme von Lohnflexibilität im Lohnbildungssystem in Deutschland zu identifizieren und ihre Auswirkungen auf die Lohnstruktur und die betriebliche Entwicklung zu untersuchen.

Unter Verwendung angemessener mikroökonometrischer Verfahren soll daher analysiert werden, ob eine flexiblere Lohnanpassung und -differenzierung für die Betriebe eine Antwort auf die Existenz heterogener Arbeitsmärkte darstellt. Als Datengrundlagen werden der Linked-Employer-Employee-Datensatz des IAB sowie die Verdienststrukturerhebung der statistischen Ämter verwendet.

Zentraler Bestandteil der ersten beiden Projektphasen war es, eine detaillierte Erhebung der Existenz und Ausgestaltung tarifvertraglichen Öffnungsklauseln für die Jahre 1991 bis 2005 und das Verarbeitende Gewerbe Baden-Württembergs vorzunehmen. Auf dieser Basis wurde eine Typisierung der Tarifvertragslandschaft vorgenommen. Darüber hinaus wurden Wirkungen der Tarifbindung und der Tariföffnung auf die betriebliche Lohnstruktur untersucht. Daneben wurden Determinanten der Einführung von Öffnungsklauseln und ihrer betrieblichen Anwendung bestimmt.

Aktuell wurde auf Basis des IAB-Betriebspanel die Entwicklung der Tarifbindung in Baden-Württemberg untersucht. Die anhaltende Kritk an zu starren Flächentarifverträgen spiegelt sich auch in der sinkeden Tarifbindung der Betriebe in Baden-Württemberg wieder. Der Anteil der Betriebe mit Flächentarifverträgen ist von 2000 bis 2006 von 41% auf 34% und somit um sieben Prozentpunkte gesunken. Im Jahr 2006 orientierten sich ein Viertel der Betriebe an einem Kollektivvertrag. Damit ist die Bedeutung des Flächentarifvertrags aktuell stagnierend.

Daneben wird auch die Verbreitung und Anwendung von Öffnungsklauseln in den Tarifverträgen des Verarbeitenden Gewerbes untersucht. Als aktuelles Ergebnis kann festgehalten werden, dass es ein erhebliches Informationsdefizit seitens der Betriebe gibt, da rund ein Fünftel der befragten Betriebe angibt, über vorhanden Öffnungsklauseln nicht Bescheid zu wissen. Zudem zeigt sich, dass vor allem wenig produktive Betriebe und solche, die sich in einer wirtschaftlichen Krise befinden, Arbeitszeit- und Entgeltöffnungsklauseln anwenden.

Veröffentlichungen:

Artikel in referierten Zeitschriften:

  • Heinbach, Wolf Dieter/Schröpfer Stefanie (2007): Typisierung der Tarifvertragslandschaft. Eine Clusteranalyse der tariflichen Öffnungsklauseln. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 227/3, S. 219-235.
  • Heinbach, Wolf Dieter (2007): Wages in Wage-Setting Regimes with Opening Clauses. In: AStA - Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv, 1, S. 233–245.

Artikel in nicht-referierten Zeitschriften und Sammelbänden:

  • Bechtel, Stephan/Heinbach, Wolf Dieter/Strotmann, Harald (2006): Tarifbindung, betriebliche Lohnhöhe und Lohnstreuung im Produzierenden Gewerbe Baden-Württembergs. In: Forschungsdatenzentrum der Statistischen Landesämter (Hrsg.), Amtliche Mikrodaten für die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Beiträge zu den Nutzerkonferenzen des FDZ der Statistischen Landesämter 2005, S. 159 - 178.
  • Heinbach, Wolf Dieter (2005): Ausmaß und Grad der tarifvertraglichen Öffnung. In: IAW-Report 2/2005, S. 51 – 70.
  • Heinbach, Wolf Dieter (2006): Immer mehr Tarifverträge sehen Öffnungsklauseln vor. In: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, 11/2006, S. 44-47.

Diskussionspapiere:

  • Heinbach, Wolf Dieter/Spindler Markus (2007): To Bind or Not To Bind Collectively? Decomposition of Bargained Wage Differences Using Counterfactual Distributions. IAW-Diskussionspapier Nr. 36, [PDF: 1,0 MB] IAW Tübingen.
  • Heinbach, Wolf Dieter/Schröpfer, Stefanie (2007): What a Difference Trade Makes. Export Activity and the Flexibility of Collective Bargaining Agreements. IAW-Diskussionspapier Nr. 35, [PDF: 289 KB] IAW Tübingen.
  • Heinbach, Wolf Dieter/Schröpfer, Stefanie (2007): Typisierung der Tarifvertragslandschaft. Eine Clusteranalyse der tariflichen Öffnungsklauseln. IAW-Diskussionspapier Nr. 28, [PDF: 442 KB] IAW Tübingen.
  • Heinbach, Wolf Dieter (2006): Bargained Wages in Decentralized Wage Setting Systems. IAW-Diskussionspapier Nr. 26, [PDF: 344 KB] IAW Tübingen.
  • Heinbach, Wolf Dieter (2005): Impact of Opening Clauses on Bargained Wages, IAW-Diskussionspapier Nr. 22, [PDF: 911 KB] IAW Tübingen.

Diplomarbeiten:

  • Schröpfer, Stefanie (2007): Exporttätigkeit von Unternehmen und betriebliche Flexibilisierung tarifvertraglicher Lohnsetzung. Diplomarbeit, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen.
  • Spindler, Markus (2007): Determinanten der Einführung von tariflichen Öffnungsklauseln – Eine empirische Analyse mit Hilfe von Panel-Logit und Panel-Probit-Modellen. Diplomarbeit, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hohenheim.

Kooperationspartner:

  • Das Projekt ist Teil des DFG-Schwerpunktprogramms "Flexibilisierungspotenziale bei heterogenen Arbeitsmärkten"

Auftraggeber:

  • Auftraggeber: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Projektteam:

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Gerd Ronning

Status:

2008 - 2008